Digitalisieren

Wie ich beim Digitalisieren von Kassetten, dem mit Abstand meistverwendeten Medium für die Aufzeichnung von Mitschnitten, vorgehe, möchte ich hier zeigen. Das Prinzip ist bei anderen Medien wie Tonbändern, VHS- oder DAT-Kassetten das Gleiche.

1. Wiedergabegeräte
Welche Geräte verwendet werden, ist entscheidend für die Qualität der Wiedergabe. Das Abspielen der Kassetten erfolgt bei mir daher ausschließlich mit professionellen Studiogeräten Studer A721. Bei diesen wurde in den vergangenen Jahren sowohl die Elektronik als auch das Laufwerk vollständig überholt.

Studer A721 ReinigungAlle Geräte werden regelmäßig gereinigt. Dies ist vor allem bei den Bauteilen notwendig, welche in Kontakt mit dem Magnetband kommen. Da das Band am Tonkopf entlang gezogen wird, entsteht ein Abrieb, der sich mit der Zeit auf den Tonköpfen ansammelt und die Wiedergabequalität beeinträchtigt. Ebenso sammelt sich Abrieb auf den Wellen der Capstanmotoren, welche wichtig für die gleichbleibende Wiedergabegeschwindigkeit sind. Zur Reinigung wird ein mit Isopropanol (Reinigungsalkohol) getränktes Wattestäbchen benutzt und damit der Abrieb von den Tonköpfen und Capstanwellen entfernt.
Studer A721 EntmagnetisierungDurch die Magnetisierung des Bandes werden die Tonköpfe mit der Zeit selbst magnetisch, was sich ebenfalls negativ auf die Wiedergabequalität auswirkt. Mit einer Entmagnetisierungsdrossel kann dies rückgängig gemacht werden. Ich verwende einen Head Demagnetizer AH-20 von Akai, welcher sehr praktisch ist, da er auf Knopfdruck entmagnetisiert.

Da DAT- und VHS-Geräte eine aufwendigere Mechanik und Bandführung verwenden und die Tonköpfe von außen nicht zugänglich sind, sollte bei diesen Reinigung und Wartung dem Fachmann überlassen werden. Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Medien und Abspielgeräten sind außerdem hier zu finden.
Studer A721 Azimuth-EinstellungNach dem Einlegen der Kassette wird das Band einmal komplett vor- und zurückgespult. Anschließend folgt ein Schritt, der maßgeblich für die Wiedergabequalität verantwortlich ist: Da die Kassetten mit den verschiedensten Geräten aufgenommen wurden, ist die exakte Spurlage (Azimut) auf den Kassetten nicht immer die gleiche. Stimmt diese nicht, wirkt sich das vor allem auf die hohen Frequenzen aus, welche dann starkt beeinträchtigt sind. Die Folge ist eine dumpfe Wiedergabe - wohl ein häufiger Grund, weshalb Kassetten eine schlechte Qualität nachgesagt wird.

Von mir wird daher bei jeder Kassette mithilfe eines Stereosichtgerätes und des Frequenzgangs (siehe auch Foto unten) der Azimut des Tonkopfes exakt eingestellt. Nur so kann eine optimale Wiedergabequalität erzielt werden.

Zur Verdeutlichung ein paar Hörbeispiele. Bei dieser Kassette ist der Azimut nicht richtig eingestellt:

 

Dieselbe Kassette, jetzt mit richtig eingestelltem Azimut:

 

Bei beiden Aufnahmen wurden keine Änderungen am Frequenzspektrum oder andere digitale Bearbeitung (z. B. Rauschunterdrückung) vorgenommen. Die deutlich bessere Qualität ist alleine auf die korrekte Azimuteinstellung zurückzuführen.

Noch deutlicher wird es, wenn man zwei Kassetten vergleicht, bei denen sich der Azimut sehr stark unterscheidet:

Kassette 1:

 

Kassette 2:

 

Beide Kassetten wurden auf demselben Gerät abgespielt, ohne an diesem eine Änderung vorzunehmen. Während Kassette 1 eine hervorragende Qualität aufweist, ist bei Kassette 2 ein deutlicher Verlust in den Höhen festzustellen.
Stellt man nun den Azimut auf Kassette 2 ein, hört man deutlich, dass auch diese Aufnahme von bester Qualität ist:

 

Auch hier wurde keinerlei digitale Nachbearbeitung vorgenommen. Das deutlich bessere Ergebnis wird alleine durch die korrekte Einstellung des Azimuts erzielt. Deshalb ist die Einstellung des Azimuts auf jede einzelne Kassette von entscheidender Bedeutung.

2. Analog/Digital-Wandler und Soundkarte

Die eigentliche Digitalisierung erfolgt mit einem 8-Kanal Analog/Digital-Wandler des Herstellers RME, an welchem neben dem Kassettengerät auch VHS-Rekorder und Bandmaschinen angeschlossen sind. Werden Geräte verwendet, die keinen Studiopegel ausgeben, ist ein Symmetrierverstärker von Lake People vorgeschaltet, um den Pegel anzupassen.

RME ADI-8 DS und Lake People OCTO-BAL F80

Dieser Analog/Digital-Wandler gibt über einen optischen Ausgang ein ADAT-Signal aus, das über eine Glasfaserleitung zur Soundkarte geführt wird. Diese ist ebenfalls vom Hersteller RME und bietet neben ADAT auch einen AES/EBU-Eingang für den direkten Anschluss von digitalen Geräten wie DAT- oder MiniDisc-Rekorder.

RME Hammerfall HDSP 9632

Die Soundkarte RME HDSP 9632 bietet über den mitgelieferten Treiber eine optimale Übersicht über die Ein- und Ausgangssignale, welche über den Mixer oder eine Matrix auch frei verschaltbar sind.

Mixer der RME HDSP9632

Zur Einstellung des Azimuts und zur stetigen Überprüfung des Audiosignals während der Digitalisierung ist ein TouchMonitor TM9 des Herstellers RTW im Einsatz, welcher Pegel, Frequenzgang und Stereobild anzeigt.

3. Aufnahmeformat

Die Digitalisierung erfolgt mit einer Abtastrate von 44,1 kHz und eine Bittiefe von 16 Bit. Dies entspricht CD-Qualität. Bei der Überspielung digitaler Medien wie DAT-Kassetten oder MiniDiscs gibt das Quellmedium die Werte bereits vor. Hier erfolgt die Überspielung dann im auf dem Tonträger befindlichen Format.

4. Software

Hier setze ich die Software “Adobe Audition” in der mittlerweile älteren Version 3.0 ein, welche für diesen Zweck aber vollkommen ausreichend ist.
Zunächst wird der gewünschte Eingangskanal der Soundkarte ausgewählt.

Aufnahme in Adobe Audition

Anschließend wird das Aufnahmeformat ausgewählt und die Aufnahme gestartet.

Wahl des Audioformat für die Aufnahme in Adobe Audition

Aufnahme in Adobe Audition

Nach Abschluss der Aufnahme wird die Datei abgespeichert. Bei Mitschnitten, die über mehrere Kassettenseiten oder mehrere Kassetten gehen, werden die einzelnen Dateien zuvor zu einer Datei zusammengefügt.

Speichern der Aufnahme in Adobe Audition

Speichervorgang in Adobe Audition

5. Datenbank

Zuletzt wird die Datei auf die Archiv-Festplatten verschoben und der Mitschnitt in der Datenbank erfasst.

Eintrag in Archivdatenbank